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Thomas Kremers

Kooperatives Lernen
in Duisburg –
Eine demokratische Graswurzelbewegung

Im Folgenden soll am Beispiel Duisburgs gezeigt werden, wie sich ausgehend von einzelnen Schulen eine demokratische Graswurzelbewegung zum Kooperativen Lernen entwickelt hat, die schließlich zu einem regionalen Fortbildungsverbund geführt hat.

Kooperatives Lernen

Seit vier Jahren setzt auch in Duisburg die Aneignung des inKanada und den USA entwickelten Konzeptes in Duisburg neue Akzente für die Unterrichts- und die Schulentwicklung. Angeregt durch Fortbildungen zum Kooperativen Lernen entwickeln LehrerInnen Kompetenzen zur Durchführung einer effektiven Gruppenarbeit und SchülerInnen verbinden integrativ fachliches Lernen mit dem Erwerb sozialer, kommunikativer und methodischer Kompetenzen. Kooperatives Lernen bedeutet, dass sich SchülerInnen gegenseitig bei der Arbeit unterstützen und gemeinsam zu Ergebnissen gelangen. Dies geschieht in Partner- oder Gruppenarbeit. In gut strukturierten Lerngruppen wird unter Zuhilfenahme von zahlreichen Methoden ein hohes Aktivierungsniveau der Lernenden erreicht mit nachhaltigen Erfolgen im kognitiven Bereich. Problemlöse- und Sozialkompetenz werden gleichermaßen aufgebaut und führen häufig zu einem positiveren Selbstbild der Lernenden. Grundvoraussetzung für die erfolgreiche Arbeit in Gruppen ist das Schaffen eines förderlichen sozialen Klimas mit positiven Abhängigkeiten unter den Gruppenmitgliedern. Damit ist das Kooperativen Lernen eine schüleraktivierende Didaktik.

Ein integratives Konzept der Unterrichts- und Schulentwicklung

Im Gegensatz zu eher additiven und technizistischen Formen des Methodenlernens leistet die Entwicklung von Teams sowohl auf Seiten der SchülerInnen als auch unter LehrerInnen einen wichtigen Beitrag für die Unterrichts- und Schulentwicklung. Dabei vertreten Repräsentanten des Kooperativen Lernens durchaus nicht die Position, ein Allheilmittel für alle Probleme an der Schule gefunden zu haben und betonen die
Wichtigkeit anderer Sozial- und Lernformen,
Lernprinzipien und
Methoden. Auf Seiten der LehrerInnen setzt Arbeiten im Sinne Kooperativen Lernens voraus, dass im Laufe
der Zeit ein breites Methodenrepertoire entwickelt und
genutzt wird und die Wahrnehmungsfähigkeit der kognitiven, kreativen und sozialen Voraussetzungen der SchülerInnen geschult wird. Arbeiten nach den Prinzipien des Kooperativen Lernens zieht eine Veränderung der Lehrerrolle nach sich. In diesem Zusammenhang gewinnt der Aufbau professioneller Lerngemeinschaften
an Bedeutung.

Aufbau eines Netzwerkes
in Duisburg

Die Vermittlung des Kooperativen Lernens in Duisburg stellt sich als ein Prozess dar, der als eine Graswurzelbewegung charakterisiert werden kann. Dieser Prozess begann damit, dass Frau Druyen vom Reinhard und Max Mannesmann-Gymnasium und ich als Lehrer
an der Gesamtschule Neumühl die Idee
hatten, auch in
Duisburg eine regionale Unterrichts- und Schulentwicklung zu initiieren. Im Anschluss an unsere Ausbildung zu Moderatoren beschlossen wir, Kooperatives Lernen zunächst an unseren eigenen Schulen zu etablieren. Was als Einzelaktion begann, entwickelte sich im Laufe von vier Jahren zu einem schulformübergreifenden Projekt. Handlungsleitend waren hierbei drei Grundgedanken: 

1) Kooperatives Lernen bedeutet mehr, als SchülerInnen in Gruppen arbeiten zu lassen. Es ist vielmehr eine komplexe Lernform, die von LehrerInnen und SchülerInnen intensiv eingeübt und reflektiert werden muss.

2. Schul- und Unterrichtsentwicklung brauchen mehr als ein einmaliges Training, wenn sie nachhaltig und effektiv sein sollen, um zu einer neuen Lernkultur zu führen.

3. Schulentwicklung wird durch regionale Kooperation und Vernetzung gestärkt, eine regionale Bildungslandschaft kann Schulen unterstützen.

Der Unterschied des Duisburger Modells z.B. zu Mönchengladbach besteht auch darin, dass nicht Norm und Kathy Green den Prozess mit Fortbildungen initiiert haben, sondern bisher nur einmal eine dreitägige Fortbildung für ein Netzwerk von Schulen angeboten haben.

Nachhaltige Fortbildungen

Wir stehen also für ein Konzept der nachhaltigen Fortbildung: Statt schöne aber einmalige Fortbildungserlebnisse zu produzieren, die bereits nach wenigen Wochen verpufft sind, weisen wir mit Nachdruck darauf hin, dass die fortgebildeten Schulen Teams bilden, die sich ca. sechs mal im Schuljahr treffen, ihre Erfahrungen austauschen, neue Methoden lernen und damit den Prozess längerfristig weitertreiben. Diese Teambildung geht gerade von den KollegInnen aus, die diese Qualität der Arbeit von ihren Schulleitungen einfordern. Überzeugend ist unser Konzept auch deshalb, weil es nicht auf Druck und Reglementierung - den typischen Implementierungsstrategien der BZRG - basiert, sondern auf dem Angebot zur freiwilligen Teilnahme. Wir beobachten, dass immer mehr KollegInnen dieses Angebot (!) aufgreifen, einen Bereich ihrer unterrichtlichen Tätigkeit verbessern wollen und die Schulentwicklung als Herausforderung für Teamarbeit verstehen.

Kooperatives Lernen in
der Lehrerausbildung

Diese professionellen Lerngemeinschaften sollten bereits in der 2. Phase der Lehrerausbildung eingeübt werden, damit die zukünftigen LehrerInnen über die Kompetenzen verfügen, um Gruppenarbeit kompetent umsetzen zu können. Dieser Kompetenzerwerb kann dann später in Form von  Lehrerfortbildungen vertieft werden. Hinzu kommen negative Entwicklungen in der Lehrerausbildung wie der Bedarfsdeckende Unterricht, der eine Qualifizierung von Lehramtsanwärtern erheblich behindert.
Gegen diesen Trend können Teamstrukturen in der Lehrerausbildung sowohl zu einer Qualifizierung der Ausbildung beitragen
als auch als Modell für eigenes Handeln in der Schule dienen. Der Prozess der Integration des Kooperativen Lernens in die Arbeit an den Schulen wird dadurch verstärkt, dass wir von Beginn an die Lehrerausbildung in den Studienseminaren der Region mit der Lehrerfortbildung verknüpften. So entsteht ein dynamischer Prozess, in dem beide Systeme mit ihren spezifischen Qualitäten einander  ergänzen und den Prozess der Unterrichts- und Schulentwicklung vorantreiben.

Fortbildung nicht nur für selbstständige Schulen

Vor ca. drei Jahren stellten wir Kontakte zum Bildungsbüro her und bieten seitdem  auch (!) Fortbildungen für Selbstständige Schulen und Korrespondenzschulen an. Das Bildungsbüro
hat uns mit seiner Infrakstruktur ermöglicht,
sehr viel mehr Schulen in Duisburg fortzubilden. Mittlerweile haben wir mit einem kleinen Moderatorenteam hunderte von LehrerInnen von ca. 30 Schulen in Duisburg mit dem Konzept vertraut gemacht und erleben – trotz der viel beschworenen „Klimakatastrophe“ an den Schulen - eine fast nicht mehr zu bewältigende Nachfrage nach Fortbildungen.

Demokratisierung von Schulen

Norm und Kathy Green stehen durch ihre unermüdliche Arbeit bei zahllosen Fortbildungen in Deutschland für das Kooperative Lernen und damit für vielfältige Entwicklungsmöglichkeiten im Kontext eines Konzeptes der Unterrichts- und  Schulentwicklung, die in Duisburg basisorientiert und mittels nachhaltiger Fortbildungen realisiert wird. Im Widerspruch z.B. zum Abbau von  Personalvertretungs-rechten im Zusammenhang mit der Bildung selbstständiger Schulen stellt das Kooperative Lernen durch die Stärkung der Teambildung unter Schülerinnnen und Schülern und im Kollegium de facto einen Beitrag zur Demokratisierung der Schule da. Auch gibt es heute eine deutliche Tendenz bei vielen KollegInnen, von einem "deutschen" Weg des Kooperativen Lernens zu sprechen, in dem beispielsweise die Traditionen aus dem Gesamtschulbereich (z.B. das Team-Kleingruppen-Modell) aufgegriffen und in Verbindung mit dem Kooperativen Lernen vertieft und weiterentwickelt werden.